Wahrscheinlich muss ich wieder rein, und einen Plan machen

wahrscheinlich muss ich wieder rein, und einen plan machen

ich will keinen plan machen ich will von hier nach da leben und

gucken was die anderen menschen so machen und hier einen kaffee trinken und

da ein bisschen schlendern, so wie das früher war und

mit den füßen im gras stehen ohne schuhe und schlafen wenn

ich müde bin.




lose gedanken zum jetzt - im urlaub ❊

Sophie Davies
Ihr könnt es ja einfach wieder versuchen

Mir war kalt. Eigentlich seit Beginn der Schwangerschaft. Es gibt ein Foto von mir, wie ich in einem dicken gestrickten Pulli ein Magnum- Eis esse, so ein veganes mit Mandeln.

Ich erinnere mich, wie ich meinen Mann nachts bat, das Fenster im Schlafzimmer zu öffnen, wie ich etwas wusste, was ich noch nicht wusste.

Ich erinnere mich auch, morgens aufzuwachen, und kurz vergessen zu haben, dass etwas und was passiert war. Einen Moment Ruhe. Und mich dann zu erinnern, dass es kein Alptraum gewesen ist. Ich erinnere mich nicht, wann das aufhörte, also wann ich morgens wieder aufwachte, ohne mich ‘nicht’ zu erinnern.

Meine Frauenärztin, die den Ultraschallmonitor von mir wegdrehte.

Die Worte der Gynäkologin im Krankenhaus, als sie mir nachts die Aufklärung zum Unterschreiben überreichte (als wenn ich die jetzt lesen würde) - wenn Sie das so wollen… Nein, ich will das nicht. so. Hauptsache, Sie operieren mich nicht, brachte ich hervor, den Eimer mit dem Plastikbeutel umklammernd. Darauf bin ich immer noch stolz. Wie ich aus der Narkose aufwachte, und eine meiner Lieblingskolleginnen da war, und ich mich fühlte wie in Watte gepackt (auf eine gute Weise).

Die Kollegin, die 2 Tage nach ihrer Fehlgeburt schon wieder arbeiten war, oder war es am selben Tag? Ich weiß es nicht, ich konnte das nicht, ich konnte ein paar Wochen nicht arbeiten, und habe mich geschämt.

Ich hatte viel Besuch.

Wie ich meinem Mann eine Statistik präsentierte, wie viele Paare sich nach einer Fehlgeburt trennen, es war eine ganz schön hohe Zahl. Ich habe gedacht, ich kann das schon verstehen. Es gibt Risse.

Ihr könnt es ja einfach wieder versuchen, es klappt bestimmt bald wieder. Mir war gar nicht klar, dass ich einen Kinderwunsch hatte, also vor dieser Schwangerschaft, und vor der Fehlgeburt, und jetzt konnte ich an nichts anderes denken, und wusste irgendwie, dass das nicht so einfach werden würde. (was nicht bedeutete, dass ich nicht trotzdem immer wieder hoffte).

Wo kommen eigentlich diese ganzen Schwangeren her? (dieses Gefühl von Neid- Verwunderung- Traurigkeit ist immer noch manchmal da, und manchmal nicht, was ich interessiert beobachte)

Vor zwei Wochen noch, als ich bei einem beruflichen Treffen darüber sprach warum ich das hier mache, was ja auch mit dieser Geschichte zusammenhängt, sagte jemand*: “Aber das ist ja ganz häufig, beim ersten Kind. Dass das schief geht.” Schief? Das war nicht meine erste Fehlgeburt, murmelte ich, nur die späteste. Warum ist das wichtig? Ist es dann weniger schlimm?

*sie war Kinderwunschcoach- das könnte ich mir nicht ausdenken.

Was bedeutet eigentlich schlimm? Vielleicht hätte ich das alles nicht so schlimm finden müssen, es hätte schließlich schlimmer sein können, viel später, oder ich hätte das Kind schon in den Armen gehalten haben können, was ich nicht habe, und doch-

Ich weiß wirklich nicht, warum Schmerz und Trauer und Tod und Verlust so Nicht- Themen sind.

Warum sofort der Instinkt entsteht, wegzuwischen, zu trösten, zu mindern. Ich verüble es niemandem. Ich verstehe es sogar (meistens). Aber es braucht mehr Begegnungen, die das halten können. Mehr wahrhaftige Geschichten.

Das hier ist ein Text, der noch wächst, der sich verändert, und auch schon verändert hat, und immer näher dran kommt an das wie es war, oder wie ich mich daran erinnere, und mutiger wird. Er darf hier so stehen, wie er gerade ist und noch wird, noch ungeschliffen und größtenteils uneditiert, und dann weiter wachsen. Denn: so kann sich vielleicht jemand beim Lesen schon mal weniger alleine fühlen (die Chance ist in jedem Fall höher, als wenn die Worte gar nicht sichtbar sind). ❊

Sophie Davies
Hier ist etwas



hier ist etwas ein gedicht ein gedanke

ein beutel zum tragen

zum mitnehmen

so dass es leichter wird

zum ausschütten zum

flicken ein korb

für die fragen




und dann könntest du hier gucken, das ist ein text, der das hier vermutlich inspiriert hat, so ganz genau kann man das nie wissen, denn die worte standen plötzlich auf dem papier.
ich wunderte mich, aber nur ein ganz klein bisschen, und dachte mir dann, aha so ist das also, da sind die worte, die ich für hierfür suchte. onwards.

Sophie Davies
Was gibt es noch?

Letzte Woche- ich weiß nicht mehr, welcher Tag es war (es war nicht Mittwoch, denn Mittwochs kommt die Müllabfuhr, ein Highlight für mein Kind und daher ein definierender Faktor in meiner Zeitwahrnehmung)- waren wir spät dran.

Fast jeden Tag und fast zur selben Uhrzeit drehen mein Kind und ich dieselbe Runde: An der Gartenbaustelle mit dem gelben Bagger vorbei zur Kuhwiese, und dann zum Spielplatz. Es mit seinem blauen Laufrad, ich zu Fuß.

Ich war genervt. Ich wollte arbeiten, wusste, ich würde spät anfangen, und mein Kind sich in dieser bestimmten Geschwindigkeit, die nur 2-jährigen vorbehalten ist. Dann blieb er stehen. Ich verdrehte innerlich die Augen und holte schon Luft um ihm zu sagen, er solle weiterradeln. Da stellte er fest:

„Es riecht nach Sonne.“

Und, wie um das zu bekräftigen, schnupperte er ein wenig die Luft.

Er hatte Recht. Es roch nach Sonne und nach Sommer, es war einer dieser gleißend hellen (aber kalten) Tage im Januar, an denen man fälschlicherweise denken könnte, man könne im T- Shirt rausgehen. Ich denke an das Licht auf meinem alten Balkon, auf dem im Sommer immer die Erdbeeren gewachsen sind, und an Frankreich und das Meer und den alten orangenen VW T5 und überlege, dass mein Kind vermutlich noch gar keine bewussten Erinnerungen an einen Sommer hat.

Und trotzdem weiß es, wie Sonne riecht.

Seitdem denke ich diesen Satz immer wieder. Und frage mich dann: Was gibt es noch? Was befindet sich gerade außerhalb meiner direkten Wahrnehmung und Gedankenwelt und dem gefühlt nie endenden Strom von Sachen die ich machen und an die ich mich erinnern will (diesen Text schreiben! Die Küche ist so unordentlich, wo kommen eigentlich all die Wollmäuse her, bei der Rentenversicherung anrufen, hoffentlich schläft er heute nicht nicht wieder so schlecht,..)

Was gibt es noch? Der Kaffee ist heiß, die Wildgänse kommen in Scharen laut rufend aus dem Süden zurück, die Kuh auf der Wiese schläft, ich habe ein neues Buch angefangen und es ist eins von denen wo man sich wünscht, es würde nie enden.

Es riecht nach Sonne.


Melde dich hier an für weitere Artikel dieser Art, Briefe und besondere Angebote:

Ich nutze für den Versand dieser Mails den Anbieter Flodesk, der deine Daten auf sicheren Servern in den USA verarbeitet. Weitere Details dazu, sowie Hinweise zu der von der Einwilligung mitumfassten Erfolgsmessung, der Protokollierung der Anmeldung und deinen Widerrufsrechten kannst du hier in meinen Datenschutz-Hinweisen lesen. Abmelden kannst du dich natürlich jederzeit mit einem Klick.

Sophie Davies